14.02.2017

Patientenwohl im Mittelpunkt

Ethiknetz Saar, ein Zusammenschluss der Saarländischen Klinischen Ethikkomitees, hatte zum 4. Saarländischen Ethiktag nach Völklingen eingeladen

Das Spannungsfeld zwischen ethischen, medizinischen und ökonomischen Anforderungen im Krankenhaus wurde beim diesjährigen Saarländischen Ethiktag diskutiert. Nachdem Dr. Maria Blatt-Bodewig, Mitglied des Ethikkomitees des CaritasKlinikums Saarbrücken, die zahlreichen Gäste begrüßt hatte, erklärte die saarländische Gesundheitsministerin Monika Bachmann in ihrem Grußwort, dass moralische Werte wie Verantwortung, Respekt, Rücksicht und Selbstbestimmen den Umgang mit Patienten bestimmen müssen. „Aufgabe der Ethik ist es dabei“, so die Ministerin, „Kriterien für gutes und schlechtes Handeln aufzustellen.“ Bachmann, die Schirmherrin der Veranstaltung war, erläuterte den Anwesenden das Vorhaben der Landesregierung, im nächsten Krankenhausplan eine Personal-Mindestausstattung im pflegerischen Bereich festzuschreiben: „Das Vorhalten von qualifiziertem Personal wird damit zur Grundvoraussetzung, um eine Fachabteilung zu betreiben. Zudem bedarf es einer stetigen Weiterbildung der Beschäftigten.“

 

Ärztekammer-Präsident Dr. Josef Mischo stellte in seinem Grußwort das herrschende Vergütungssystem in Frage: „Ökonomische Ziele dürfen nicht die die medizinischen Handlungsmaßstäbe bestimmen. Leider liegt die Fokussierung in Zeiten von DRGs viel zu oft auf der Verweildauer.“

 

Im Mittelpunkt des 4. Saarländischen Ethiktages stand die Frage, ob das Wohl der Patienten noch ethischer Maßstab im Krankenhaus sei.  Die im Ethiknetz Saar zusammengeschlossenen Klinischen Ethikkomitees  saarländischer Krankenhäuser hatten damit ein Thema aufgegriffen, zu dem der Deutsche Ethikrat Mitte 2016 eine ausführliche Stellungnahme veröffentlicht hat. Darin diskutiert das unabhängige Beratungsgremium, ob die oft zwingende und voranschreitende ökonomische Orientierung in den Krankenhäusern zur Rationalisierung und Schaffung einer effizienten Mittelverwendung in der Medizin beiträgt oder zu deren ethischer Aushöhlung führt. 

 

Hauptreferent Prof. Dr. Thomas Heinemann, ehemaliges Mitglied des deutschen Ethikrates und Mitverfasser der Stellungnahme, sagte deutlich, dass das Thesenpapier keine Klagewelle sein solle, sondern konstruktive Lösungsvorschläge anbieten wolle. Auch brauche es nicht mehr Geld im System, sondern das Geld müsse besser verteilt werden. Heinemann identifizierte unter anderem die Kommunikation als ein Hauptkonfliktfeld, „dazu gehören Zeitmangel, Mangel an Kommunikationskompetenz und eine fehlende Berücksichtigung in der Vergütung.“ Auch stelle die Krankenhausversorgung von Patienten mit besonderen Bedarfen, zum Beispiel Kinder, Jugendliche oder Menschen mit Behinderungen das Pflegepersonal vor besondere Herausforderungen, so Heinemann. „Das Patientenwohl läuft Gefahr, aus dem Blick zu geraten“. Sieben Empfehlungen gibt die Stellungnahme ab und auch hier spielt die Kommunikation eine herausgehobene Rolle. Aber auch bessere Personalschlüssel, eine einheitliche Dokumentation, die Etablierung multidisziplinärer Zentren und die Einführung einer Prozedur „Beobachtung“ könnten die Pflegesituation im Krankenhaus verbessern. Und in Richtung Politik sagte Heinemann: „ Wir brauchen bundeseinheitliche Standards für die Krankenhausplanung und der gemeinsame Bundesausschuss sollte die fachethische Expertise in seine Arbeit mit einbeziehen.“

 

In einer Podiumsdiskussion, moderiert von  Dr. Jürgen Guldner, Mitglied im Ethikkomitees  des Knappschaftsklinikums Püttlingen,  mit Vertretern aus Krankenhausverwaltung, Pflege, Ärzten, Seelsorge und Patientenvertretern wurden anschließend die jeweiligen Sichtweisen diskutiert und ausgetauscht. Manfred Klein, Geschäftsführer des St. Nikolaus Hospital Wallerfangen, stellte sich hinter die rund 13.000 Beschäftigten im saarländischen Krankenhauswesen: „Wir sehen das Patientenwohl nicht als gefährdet. Aber die Mitarbeiter arbeiten am Limit und ich bin nicht sicher, ob wir das auch zukünftig noch so gewährleisten können.“ Und auch Patientenvertreter Frank Michler distanzierte sich von rein negativen Darstellungen, wie man sie oft in Sozialen Netzwerken finde. „Die Patienten vertrauen den Krankenhäusern“, machte er deutlich. Anette Weber, Mitglied des Ethikkomitees der Diakonie Kliniken, berichtete von ihrer Wahrnehmung als Seelsorgerin  in Bezug auf das Patientenwohl im Krankenhaus. Die Pflege wurde durch Jörg Jochem von den SHG Kliniken Völklingen vertreten. Gregg Frost, Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie am CaritasKlinikum Saarbrücken, bezeichnete in seinen Ausführungen die Dokumentation als zweischneidiges Schwert: „Sie nimmt zum Teil überhand, ist aber andererseits auch ein wichtiges Instrument zur Absicherung.“ Sein Ratschlag an die Besucher des Ethiktages: „Sich im Team Rückhalt geben und füreinander da sein.“ 

 

Zum Abschluss der informativen und anregenden Veranstaltung sorgte der Künstler Karl-Heinz Heydecke mit seiner Lautpoesie für einen heiteren Ausklang.

 

Hier gelangen Sie zum Interview mit Prof. Heinemann auf SR2

 

Hier gelangen Sie zum Beitrag im "Aktuellen Bericht"

 

Hier kommen Sie zum Video von EGESUND auf Youtube

Caritas Trägergesellschaft Saarbrücken mbH (cts) Rhönweg 6, D-66113 Saarbrücken